Herr Bürgervorsteher, verehrte Damen und Herren,
Anfang 2019 stellten wir die Frage: wo ist die Doppik? Wie lange wollen Sie uns noch vertrösten? Jetzt ist sie endlich da. Mit dem diesjährigen Haushalt beginnen wir eine neue Ära des Haushaltsrechts. Das Neue Kommunale Haushaltsrecht – die Doppik - basiert auf dem Drei-Komponenten-Modell; der Ergebnisrechnung, der Finanzrechnung, sowie der städtischen Bilanz.
1. Der Ergebnishaushalt entspricht in etwa dem bisherigen Verwaltungshaushalt und zeigt die gesamte laufende Verwaltungstätigkeit auf. Er beinhaltet Aufwendungen und Erträge und bildet den Ressourcenverbrauch ab, der letztlich maßgeblich für die Beurteilung des Haushaltsausgleichs ist. Neu ist, dass jetzt auch nicht zahlungswirksame Vorgänge wie Abschreibungen dargestellt werden, wodurch transparent wird, ob alle tatsächlich während des Haushaltsjahres verbrauchten Ressourcen auch wieder erwirtschaftet wurden. Die Ergebnisrechnung ist damit vergleichbar mit der kaufmännischen Gewinn- und Verlustrechnung.
2. Die Finanzrechnung beinhaltet alle kassenwirksamen Vorgänge und zeigt somit die reale Zahlungsfähigkeit unserer Stadt auf.
3. Die Bilanz ist die dritte Komponente. In ihr werden das gesamte städtische Vermögen sowie die bestehenden Verbindlichkeiten erfasst. Ergebnis (1) - wie auch Finanzrechnung (2) nehmen unmittelbar Einfluss auf die Bilanz. Der Saldo der Ergebnisrechnung wirkt sich auf das Eigenkapital aus, das Ergebnis der Finanzrechnung auf die ausgewiesene Liquidität und somit die Zahlungsfähigkeit.
Wer nun kein Fachmann ist und sich nicht mit Themen wie Bilanzierung näher befasst, dem wird das Gesamtszenario allerdings eher wie das gern zitierte böhmische Dorf vorkommen. Und das ist auch völlig in Ordnung. Nicht jeder kann und braucht Experte für ein solch durchaus komplexes Verfahren sein. Viel wichtiger ist, dass es entsprechend qualifizierte Mitarbeiter gibt, welche die Umstellung des Haushalts kompetent und verantwortlich umsetzen.
Eine solche Umstellung funktioniert nämlich nicht einfach per Knopfdruck, sondern verlangt eine Menge Fachwissen und ist zudem immens zeitaufwändig. So galt es beispielsweise, unser gesamtes Gemeindevermögen - Grundstücke, Straßen, Gebäude - zunächst zu bewerten, um es in der Bilanz korrekt erfassen zu können. Seit mehreren Jahren schon warten wir so auf die Umsetzung der Doppik. Mein aufrichtiger Dank geht daher an unseren Kämmerer Herrn Maier, sowie allen beteiligten Kolleginnen und Kollegen in den einzelnen Sachgebieten, die mit der Erstellung des Haushalts nach dem neuen Haushaltsrecht wirklich großartige Arbeit geleistet haben.
Kleine Info am Rande: aufgrund der erforderlichen Umstellung auf Doppik wurden keine Haushaltsreste gebildet, das heißt, sämtliche Investitionen, die noch nicht begonnen wurden, werden nun neu veranschlagt.
Zum Haushalt selber: die im letzten Jahr zitierte wirtschaftliche Hochphase ist seit Corona schlagartig vorbei und unsere ohnehin nicht allzu üppigen Gewerbesteuereinnahmen werden deutlich sinken. "Spare in guten Zeiten, dann hast Du in der Not", das gute alte deutsche Sprichwort wurde die letzten Jahre nicht beherzigt. Der uns vorgelegte Haushaltsentwurf schafft aber neue Nöte, die wir in kommenden Zeiten schlechterer Konjunktur nicht mehr werden ausgleichen können. Da wir schon die letzten Jahre einen strukturell nicht gesunden Haushalt hatten – z.B. allein durch die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge fehlen uns pro Jahr 500.000€ - wird sich dieser Trend in negative jetzt wohl noch verstärken.
Was hinzukommend zu bemängeln ist, ist folgendes: Frau Bürgermeisterin, wir haben hier eine Beteiligungsverwaltung, die von der Miteinbeziehung der politischen Gremien und des daraus erwachsenden Ideenreichtums profitieren soll. Wir haben eine Arbeitsgruppe Haushaltskonsolidierung, diese wurde jedoch in der gesamten Haushaltsplanung nicht beteiligt und – so habe ich zumindest den Eindruck – soll auch gar keine unbequemen Sparvorschläge erarbeiten, frei nach dem Motto „Das Geld so lange ausgeben, wie es noch irgendwie verfügbar ist“. Trotz mehrfacher Erinnerung hierzu haben wir nicht den Eindruck, dass Ihnen die Beteiligung der Politik hierbei wirklich am Herzen liegt. Geschweige denn, dass Sie sich trauen, auch einmal eine unpopuläre Entscheidung im Sinne des Haushalts anzuschieben.
Thema Haushaltsplanung: viele Positionen sind – wieder mal - als Maximalansatz geplant, natürlich ist es schöner, am Ende mehr geplant zu haben als tatsächlich auszugeben, aber wenn ein gewisser Betrag geplant wurde, wird dieser auch oft genug leichter in Anspruch genommen als bei einem defensiveren Ansatz. Wenn das Geld erstmal da ist, wird es erfahrungsgemäß auch ausgegeben.
Bis auf wenige kleine Positionen, über die angesichts der aktuellen Krise nicht diskutiert werden soll, ist der Haushalt ausgereizt und wir können eher durch die heute zu beschließenden Sperrvermerke eine Ausgabenkontrolle betreiben.
Ein wichtiger Punkt noch: das Ergebnis von 2018 lag letztes Jahr schon im Februar vor, daher sind wir überrascht, dass es immer noch nicht einmal als Prognose vorliegt. Wir wissen also offenbar nicht einmal, auf welcher Basis wir den jetzigen Haushalt beschließen.
Auch wenn wir mit einzelnen Aspekten nicht einverstanden sind, so ist ein Haushalt immer ein Gesamtkonstrukt, dem viel interfraktionelle Arbeit in allen Fachausschüssen zugrunde liegt.
In der Hoffnung auf bessere Ausgabenkritik sowie Kostenkontrolle, mit den besprochenen Kürzungen und Sperrvermerken und um unsere Verwaltung in der besonderen Situation durch Corona weiter handlungsfähig zu halten, werden wir als CDU dem Haushalt – wenn auch mit Bauchschmerzen – zustimmen.
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